Juni, Juli – wir machen einen Arbeitsstop auf Grenada.

Grenada ist die südlichste der kleinen Antilleninseln und nur einen Nachttörn von Tobago entfernt. Das Inland ist spektakulär schön mit Regenwald, Schluchten und Wasserfällen. Angekündigt als noch recht unberührt, finde ich es hier schon deutlich touristischer als in Tobago. Der Süd-West Teil der Insel hat schöne Strände, ist aber dicht bebaut mit Ferienanlagen und schicken Häusern. Man fährt SUV. Am Rand stehen viele einfache Hütten, teilweise sehr wackelig an steile Hänge gezimmert. Im Landesinneren gibt es versprengte Ortschaften mit kleinen Gärten und ein paar Feldern, wo es bei den steilen Bergen eben geht. Die Ostküste ist wild und den Passatstürmen voll ausgesetzt. Die Grenader genießen Essen und sind große Luncher. Ab 11 machen die Imbisse auf und man bekommt Suppen und natürlich Hühnchen mit Reis und Bohnen, dreierlei Kochbananen, Gemüse aus Kürbis und Kassava und Callalou, einem grünen Blattgemüse. Mein neues Lieblingsobst ist die Soursop geworden.

Gerade ist Nebensaison, nur viele Segler sind da und liegen dicht an dicht in den geschützten Buchten, um die Hurricanesaison aus zu sitzen. Wir sind erstmal in der Pricklybay. Gar nicht so prickelnd. Die Stimmung ist ein bisschen wie auf einem Wohnmobilplatz. Mittwochs gibt es Bingo in der Strandbar, Donnerstag ist Pizza-Tag und über das Cruisersnet auf VHF 68 kann man sich wunderbar zum Domino verabreden. Ok, das hat natürlich auch gute Seiten, man bekommt schnell Kontakt und die meisten Segler sind sehr nett und hilfsbereit. Aber wenn man aus dem paradisischen Charlotteville auf  Tobago kommt, naja, wir mussten uns erst mal umstellen.

Harald arbeitet ein paar Wochen remote für eine Bamberger Firma und ich strebe ein bisschen und gehe in die Schule. Business English. Das Wichtigste an unserer Arbeits Konstellation: Die Infrastruktur muss passen. Am dringendsten brauchen wir eine gute Internetverbindung. Und dann einen schaukelfreien Liegeplatz. Wenn man den ganzen Tag Programmcode auf dem Bilschirm lesen muss, wird man von dem sonst netten leichten Wiegen schnell seekrank. Die Idee, in einem Café mit Wifi zu arbeiten, funktioniert für ein paar Stunden am Tag, aber nicht für 8h konzentriertes Arbeiten. Wir entschließen uns nach ein paar Tagen in die Marina zu gehen und etwas Komfort zu genießen. Schließlich verdienen wir ja gerade Geld, das soll nicht untätig auf dem Konto verkommen. Wir liegen im sehr lässigen Grenada Yacht Club direkt in der Hauptstadt St. George.

Und dann haben wir noch die Transportfrage zu klären. Ich radle jeden Tag in mein Englischinstitut und falle mit meinem Birdy total auf. Da ist man in der Karibik und dann pfeifen die Männer dem Bike hinterher! Aber ein Faltrad, das auch noch etwas kann, ist echt klasse bei den vielen Hügeln hier. Alternativ gibt es die Öffentlichen. Ein super System, bestehend aus Minibussen, die alle paar Minuten an einem vorbeikommen und hupen, ob man mit möchte. Alte Mitsubishi- Kleinbusse, ausgebaut mit 18 Passagierplätzen plus Fahrer und Ticketboy, Kinder extra. Keine Berührungsängste bitte.

Der karibische Slang hier ist großartig. Die normale höfliche Anrede für eine Frau ist „Darling“ oder „Sweety“. Für junge Frauen gerne auch „Beauty“. So sprechen sich auch die Frauen untereinander an. Die korrekte Anrede für Männer ist immer „Ya Man“. Hallo und Tschüß heißt „A’right“ oder „ok“. Die Männer hier haben einen enormen Tonumfang. Mit lautem „Oye“ in sattem Bass kommuniziert man allgemein bei Distanz über 5 Metern. Aufmerksames Zuhören wird mit sanftem „Yeah“ in Bariton begleitet und gelacht wird viel und in Tenor. Frauen zeigen diese Bandbreite in der Mimik und Körpersprache. Und in den kreativen Frisuren.

Mit Beginn des Sommers kommen auch die ersten karibischen Sturmwarnungen. Bret ist über uns hinweggezogen, danach noch Greg. Es ist dann nichts großartig passiert außer viel Regen. Aber die Aufregung unter den Seglern war immens. Wie muss sich die allgemeine Panikwelle anfühlen, wenn man bei einem echten Hurrikan mit 100 anderen Booten um einen sicheren Platz streitet. Aber wir bleiben die nächsten Monate am südlichen Rand des Hurrikan-Gürtels und die Wahrscheinlichkeit eines großen Wirbelsturms ist hier sehr gering.