„Germans? What brought you guys here?“ Eigentlich der glückliche Zufall, dass wir unseren ursprünglichen Reiseplan spontan umgeschmissen und die Guyanas angesteuert haben, statt der üblichen Barfußsegelroute über den Atlantik direkt zu den karibischen Inseln zu folgen.

Wir kommen Nachts nach einer Rekord Überfahrt von Französisch Guyana vor der Flusseinfahrt vom Surinamriver an. (Vor der Nordostküste von Südamerika strömt der Guyana Strom kräftig nordwestlich. Das macht es sehr schwierig, von der Karibik Richtung Brasilien zu segeln. Andersrum ist es dafür umso leichter. Wir schaffen teilweise 11 Knoten über Grund. Wow!)  Wir sind nicht sicher, ob und wie wir die Küstenfunkstelle rufen müssen, um in den ausgebaggerten Kanal in den Fluss einzufahren. Es warten ein paar große Frachter, der Kanal ist betonnt, das Wetter ist ruhig. „Captain Eden, MAS MAS MAS, please procede, pilot boat will meet  you in the channel.“  Alles klar, MAS (Maritim Authority Suriname) funkt auf  Kanal 16. Tut sich aber nix mit dem Frachter von Captain Eden. Wir funken nicht und fahren einfach los. Unser Ziel ist eh nur 3 sm weiter über die Schlammbänke der Flussmündung rüber und dann ankern bis Tageslicht. Wir haben Neumond und es ist stockdunkel. Und hier gibt es viele kleine Fischerboote und Fischernetze in wilden Konstruktionen, teilweise quer über das betonnte Fahrwasser gespannt. Kein Ding, wenn man aufpasst und nicht auf deutsche Wasserwegsdisziplin pocht. Blöd aber im Finstern.

Für Yachten gibt es zwei gute Anlaufpunkte im Surinamriver. Man muss an Paramaribo, der Hauptstadt vorbei. Ankern verboten. Dann kommt zuerst Domburg mit Mooringbojen zum Festmachen. Ein paar Meilen weiter die Marina Waterland. Beides sehr entspannt.

Suriname ist eine echte Überraschung. Ein kleines Land mit einem bunten Mix aus Menschen. Hindustanis, Kreolen, Javanesen, Maroons, Amerindians, Chinesen, Brasilianer, Europäer. Holzkirchen, Hindutempel, Moscheen und ‚Vielweiberei‘. Alles nebeneinander. Hier wird Dutch gesprochen. Niederländisch ist eine echt sympathische Sprache und passt prima zum lockeren, toleranten und etwas langsameren Lebensstil der Surinamesen. Da es an der Küste keine weißen Traumbeaches gibt, fehlt auch der Massentourismus. Außer uns sind hier 7 Boote und man trifft unterwegs wenige Niederländer oder Belgier, die meist auf Spurensuche aus der Kolonialzeit sind.

Die Landesfläche besteht hauptsächlich aus Regenwald. Straßen gibt es nicht viele, geteerte noch weniger. Paula, meine Tochter, ist zu Besuch und mit ihr gehe ich auf Surinametour. Wir fahren mit einem Leihwagen (sehr günstig hier) einmal ganz nach Osten, dann ganz nach Westen und dann nach Süden, Richtung Dschungel, solange uns der Leihwagen bringt. Wir haben auf einen Geländewagen gewechselt nach ein paar Tagen. Alles ist großartig, spannend, witzig. Wir beobachten Riesenmeeresschildkröten bei der Eiablage und beim Schlüpfen des winzigen Nachwuchs, sehen Flamingos und Roten Ibis in Formationsflügen, Affen, Schlangen, Flussdelphine und Kaimane. Neben unserem Boot wohnen Brüllaffen im Dschungel. Die sehen wir zwar nie, aber das Gebrüll ist krass. Klingt wie ein Güterzug, der auf dich zurauscht. Ich habe King Kongs Gebrüll in den alten schwarz-weiß Filmen immer für schlechte Übertreibung gehalten. Ist aber superauthentisch echt Brüllaffe.

Eigenarten in Surinam? Es gibt keine Hochhäuser. Auch Paramaribo besteht nur aus zwei Stockwerken. Von nur 10 Jahren britischer Kolonialzeit in der langen kolonialen Vergangenheit haben sie sich den Linksverkehr erhalten. So ein Quatsch, falschrum zu fahren. (Und wieder den Scheibenwischer auf volle Stufe, statt den Blinker gesetzt). Und die Männer hier haben keine Hunde, sondern Vögel. Echt jetzt, die tragen Singvögel in kleinen Käfigen spazieren. Gerne auch eine kleine Spritztour mit dem Vögelein auf dem Roller. Und Sonntag Vormittag treffen sich die Jungs nicht zum Frühschoppen mit Schafkopf, sondern zum Singvogelkontest. Da stehen dann alle rum (nur Männer) ratschen und trinken Bier oder rosa Erdbeerkokosmilch und lassen ihre Vögel gegeneinander ansingen. Und sprechen Niederländisch mitten in den Tropen. Lustige Szenerie.

Meine Reisehighlights. Paramaribo und der Linksverkehr. Galibi und Bigipan, zwei Naturschutzgebiete an der Küste. Naturreservat Braunsberg. Super zum Wandern im Dschungel und coole Offroadanfahrt. Der Boven Surinam. Eine andere Welt. Man nimmt die Straße bis Atjoni, von dort weiter mit dem Boot. Wir waren dort im total relaxten Hotel Botopassi. Mit dem Dinghi gegen die Strömung den Fluss langmotoren und dann mit ein paar kühlen Parbo-Bier an den Brüllaffen vorbei zurücktreiben lassen. Für Segler gibt es einen kostenlosen Cruising Guide bei rccpf.org.uk.

Suriname – hinfahren!