14 Tage den Gewalten des Atlantik getrotzt, an der Kante der Erdscheibe knapp entlang geschrammt, tropische Regengüsse abgewettert, den Mahuri River in den Regenwald hochgekämpft, um dann begrüßt zu werden mit „Willkommen in der EU, Telefonate ins deutsche Festnetz kosten in ihrem Tarif 0,00 EURO. Na super, Danke!

Wir brechen auf zur längsten Etappe Richtung Westen über den großen Teich. Unseren ursprünglichen Plan, direkt in die Karibik zu segeln, haben wir etwas angepasst. Die Chance, Regenwald und Tropenflüsse zu besegeln, bekommen wir so schnell nicht wieder. Deshalb steuern wir erst mal Südamerika (die drei Guyana Staaten) an und werden uns dann die nächsten Monate hinauf in die Karibik treiben lassen.

Die Überfahrt nach Französisch Guyana lief glatt. Wir hatten konstanten Passatwind und meistens chilligen Wellengang. Perfekte Segelbedingungen. Außer an drei Tagen, an denen wir mit gemeinen Kreuzseen zu kämpfen hatten. Da war uns ständig latent schlecht, Schlafen überhaupt nicht möglich und die Laune im Keller. (Kreuzsee bedeutet, die Wellen kommen aus zwei unterschiedlichen Richtungen. Wenn sie zusammen treffen, habe sie viel mehr Energie und Spaß daran, das Boot schön auf die Seite zu schmeißen. We don’t like!) Unsere Wetterprognosen haben wir wieder von  Wetterwelt absichern lassen. Deren Wetterdaten sind eins zu eins so eingetroffen und es ist immer ein beruhigendes Gefühl, wenn man täglich über Satellit frische GRIB-Daten laden kann (die gutes Wetter zeigen…).

Täglich wird es heißer. Die Wassertemperaturen haben am Ende über 28 Grad und der Himmel ist hier in Äquatornähe ständig bewölkt. Squalls hatten wir keine, aber einen heftigen Regenguss der unser Boot schön vom Salzwasser gereinigt hat. Top!

Tierwelt? Endlich fliegende Fische. Bei unserer täglichen Routinekontrolle mussten wir jedesmal die armen Fischreste einsammeln , die in der Nacht auf unserem Deck gestrandet sind. Und dann gibt es noch diese Mär von den Vögeln, die Landnähe anzeigen. Achtung, nicht schon mal ins Wasser springen und voraus schwimmen! Das ist alles Quatsch. Vögel gibt es auch mitten auf dem Atlantik und sie sahen weder verirrt noch entkräftet aus.

Ein bisschen Bruch hatten wir unterwegs auch. Die Vorleine von unserem Genuabaum ist an einer Stelle durchgescheuert und der Umlenkblock von unserem Baumniederholer gebrochen. Konnten wir aber beides schnell wieder fixen. Wirklich heftig war aber unsere gebrochene Windsteueranlage. (Das ist eine zweite Ruderanlage, die das Boot mit Windkraft auf dem eingestellten Kurs hält. Für ein 20 Tonnen Segelboot natürlich ein entsprechend großes und schweres Teil). Sie hatte sich in der Halterung gelockert und hing nur noch lose an zwei Schrauben.  (Einschub für Schraubenprofis, normalerweise ist sie mit 8 großen  M12 Schrauben am Boot befestigt.) Wir haben es dann durch die dumpfen Schläge am Rumpf bemerkt. Scheiß Situation. Es hat mehrere Stunden bei Wellengang gedauert, um die Windsteueranlage provisorisch mit Leinen am Heck zu befestigen. Warum sie sich gelockert hat, wissen wir nicht. Sabotage, ein misslungener Diebstahlversuch … wie auch immer. Richtig montieren können wir sie erst wieder, wenn wir das Boot an Land heben. Dann müssen wir auch die Lackschäden spachteln und lackieren, die wir uns bei dem Unfall eingefangen haben.

13 Tage später und 1800 Seemeilen hinter uns, endlich Land in Sicht. Wir haben ihn gefunden, den neuen Kontinent! Allerdings sind wir kurz vor Schluss in eine Flaute geraten. Unser Plan, Mittags anzukommen, war nicht mehr zu halten und wir stehen um drei Uhr nachts vor unserer Flusseinfahrt. Im Dunklen haben wir uns nicht getraut, nach Degrad des Cannes hinein zu fahren. Die Strömung 20 Seemeilen vor der Küste ist absolut heftig mit etwa 4 Knoten nach Norden. Außerdem ist die Küste richtig seicht. Es gibt einen ausgebaggerten Kanal, den man nehmen muss. Und dann immer die Warnhinweise auf den Navionics-Charts, dass die Wassertiefen nicht aktuell sind und man bei den örtlichen Behörden nachfragen soll. Also sind wir mit Motor gegen die Strömung auf der Stelle gestanden und haben auf Sonnenaufgang gewartet. Mühsam, wenn man eigentlich schon da ist, nach so einer Atlantikfahrt.

Die Einfahrt in das schmale Fahrwasser vom Mahuri River war dann richtig spannend. Es ist nicht sonderlich breit. Links und rechts würden wir sofort auf Grund laufen, und es gibt eben diese starke Strömung von der Seite. Und das Wasser ist rotbraun. Man sieht also keinen Grund. Absolut spuki. (Ok, mittlerweile kennen wir die niederländischen Flussbaggerfahrer hier. Alles sehr professionell und ein ungefährliches Fahrwasser…)

Transatlantikresumee? Mächtig stolz! War aufregend, anstrengend, mal heult man, mal langweilt man sich, mal ist man superhappy. Das Segeln ist die kleinste Herausforderung. Die viel größere Leistung für uns war die Vorbereitung, das Planen, das Schiff klar zu machen. Von den drei Etappen war die erste und kürzeste im Januar von Gibraltar auf die Kanaren das schwerste Stück. Kalt, hohe Wellen. Die leichteste war das Zwischenstück auf die Kap Verden und das mental schwierigste, weil das längste, war dann diese Etappe. Nochmal? Klar!