In Demut vor den Elementen opfere ich den Göttern Poseidon, Neptun, Äolus und Thalassa das wertvollste was ich habe. Williams Christ Birne. Rum habe ich keinen. Wie es Brauch ist einen Schluck ins Meer einen in die Crew. Kann losgehen.

Meine Aufregung ist sehr groß, aber schon nach ein paar Stunden legt sich das. Irgendwie ist dann doch alles Routine. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass nach ein paar Stunden kein Wachwechsel kommt.
Ich bin unterwegs von Guanaja in Honduras zum Rio Dulce, dieses mal alleine. Martina ist schon in Deutschland und fleißig am arbeiten. Die 170 Seemeilen sollten in zwei Tagen zu schaffen sein. Wäre da nicht der Sturm aus Norden, der langsam runter kommt.

Als ich losfahre, habe ich noch Wind aus Osten, also von hinten. Perfekt, um schnell voran zu kommen. Auf Höhe von Roatan bemerke ich, dass die Lichtmaschine die Servicebatterien nicht lädt. Es kommt alles zusammen. Kaum den Motor gefixt, zickt Tasman jetzt an der nächsten Baustelle. Also lege ich einen Zwischenstopp auf Roatan ein.

Roatan

Die Insel ist die Größte der Islas de la Bahía und mit Abstand am touristischsten. Während ich in French Harbour vor Anker liege, bekomme ich auch den größten segelnden Katamaran zu sehen. Sehr groß mit 44 Meter Länge. Die Hemisphere – so heißt er- sucht hier scheinbar auch einen sicheren Ankerplatz vor dem nahenden Sturm.

Die Lichtmaschine habe ich nach einem halben Tag repariert. Jetzt muss ich aber den ersten Sturm abwarten. Nach zwei Tagen zeigt sich in den Prognosen ein kleines Wetterfenster, bevor Wind und Welle wieder zulegen. Ich nütze es und segle weiter.
Nach wenigen Stunden stelle ich fest, dass meine Wetterdaten und die tatsächliche Wettersituation nicht weiter auseinander liegen könnten. Der Wind kommt aus Westen anstatt aus Nordosten. Mit der Strömung von vorne komme ich gerade mit zwei Knoten voran. So habe ich keine Chance, vor dem Sturm in Guatemala anzukommen. Also Kurs ändern, nach Utila und dort den nächsten Sturm aussitzen.

Utila

Die Insel ist sehr flach. Schon beim Reinfahren fällt mir die nach Süden ungeschützt Bucht auf. Nachdem der Anker gefallen ist, verschwinde ich nach einem Ankerbierchen im Bett. Es dauert keine Stunde und ich werde vom Flachwasser Alarm geweckt. Wir haben Wind aus Süden. Starken Wind aus Süden. Der Anker hält nicht, also Motor an und neuer Versuch. Dieses mal versuche ich den Anker tief einzugraben. Was auf Seegras fast unmöglich ist.
Ich fahre in einen anderen Teil der Bucht, der etwas geschützter aussieht. Nach einigen Versuchen ist der Anker fest. Vorsichtshalber bringe ich noch einen zweiten aus. Mittlerweile ist es zwei Uhr Nachts und es bläst mit 25 Knoten aus Süden. Ruhig schlafen ist nicht mehr.

Am nächsten Morgen funke ich den Portcaptain von Utila an. Vielleicht kennt er eine gute Stelle, wo ich sicher bin. Er empfiehlt mir am Fähranleger festzumachen. Bei dem Sturm käme eh keine Fähre mehr, der Platz sei frei. Nach kurzer Überlegung lehne ich dankend ab. Die Wellen sind mir zu hoch und der raue Fähranleger nichts für die Tasman.

Ich mach mich wieder auf die Suche nach einem geeigneten Ankerplatz in der Bucht. Möglichst auf Sand. Nach mehreren Stunden und vielen Anläufen gräbt sich der Anker endlich ein. Ich gebe Rückwärts Vollgas, gehe vor zum Bug und lege mein Hand auf die Ankerkette. Nichts ruckt, nichts zittert, der Anker hält. Dann das gleiche Spiel mit dem zweiten Anker, der auf Anhieb hält. Die Götter meinen es doch gut mit mir!
Langsam wird es dunkel und der Wind hat auf 30 Knoten aufgedreht. Da kommt ein größeres Boot an. Troy, der Captain, funkt mich an und sagt, er habe über Funk mitbekommen, dass ich Probleme hätte. Er könnte mir noch einen großen Anker anbieten. Und eingraben würde er ihn auch. Wow, klar nehme ich. Auf Kanal 16 könnte ich ihn rund um die Uhr erreichen. Vielen Dank! Eine Stunde später hänge ich an drei Ankern.

Die ganze Nacht hat es über 30 Knoten, in Böen 40. Mit entsprechender Welle. Noch mal einen Schluck für Poseidon, einen für mich. Übermüdet schlafe ich sofort ein. Mein Handy weckt mich jede Stunde. Kurz Kopf rausstrecken, alles unverändert, weiter schlafen. So geht das bis morgens.

Am nächsten Tag lässt der Wind dann endlich nach und gegen Mittag ist er komplett eingeschlafen. Jetzt ziehe ich doch zum Fähranleger um, da der Wind dreht und der angekündigte Sturm aus Norden heute Nacht kommt. Der Fähranleger ist nach Norden hin gut geschützt und ein bisschen Landberührung entspannt mich bestimmt auch.

Endlich kann ich mir auch Utila ansehen. Dort treffe ich Troy, der sich als Bürgermeister von Utila vorstellt und viele junge Backpacker, die hier meist zum Tauchen unterwegs sind. Utila liegt am Belize Barrier Reef und ist das absolute Tauchereldorado. An jeder Ecke findet sich ein Tauchshop. Die Stimmung ist sehr chillig.

Nach zwei Tagen geht es weiter Richtung Guatemala. Der Wind weht aus Nordost und ich kann fast die komplette Strecke segeln. Die letzten Stunden hänge ich in einer Flaute und werfe daher den Motor an.

Etwa 8 Seemeilen vor dem Rio Dulce finde ich einen sicheren Ankerplatz. Dort verbringe ich die Nacht und checke nochmal die Gezeiten für die Einfahrt in den Fluss. Es ist gar nicht so einfach, mit 1,8 Meter Tiefgang dort reinzukommen. Davor liegt eine 2000 Meter lange Sandbank, über die man nur bei Hochwasser kommt. Vielleicht.

Meinen ersten Einhand Törn habe ich mir entspannter vorgestellt. Seglerisch hat alles gut geklappt, aber das geankere in Utila war echt anstrengend. Für mich war es eine großartige Erfahrung, aber zusammen mit Martina macht es doch mehr Spaß. Darauf nochmal ein Schluck für Neptun und einen für mich. Cheers.