Wir legen 3 Stunden vor Hochwasser in Gibraltar ab. Die Durchfahrt klappt gemischt. Aus Haralds Sicht läuft alles bestens. Meine Planung war gut, die Strömung ist mit uns und die großen Schiffe im Verkehrstrennungsgebiet passen auf uns auf. Zwölf Stunden später liegt der Atlantik vor uns und es ist ein wahnsinnig geiles Gefühl, mit den Lichtern von Marokko im Rücken auf die offene See zu fahren. So hat es zumindest Harald beschrieben. Aus meiner Sicht läuft es nämlich ein bisschen mimimäßig. Ich werde gleich nach der Abfahrt so richtig seekrank, segle drei Stunden tapfer mit dem Speitütchen in die Straße von Gibraltar und dann verschwinde ich mit Reisegoldtabletten in die Koje und wache erst zur Nachtwache wieder auf, als die ganze Durchfahrt längst passiert ist und wir schon auf dem Atlantik sind. (Ich bin früher nie nie nie seekrank geworden. Erst jetzt erwischt es mich regelmäßig. Was isn das??).

Irgendwann sind die Licher vom Land weg und wir segeln die nächsten 5 Tage nur von Wasser umgeben Richtung Kanaren. Unser erster richtiger Atlantiktörn.

Wie es war? Für mich waren die größten Herausforderungen der Schlafmangel und die Kälte (es ist halt auch hier Januar). Wir haben nachts einen 3 und tags einen 4 Stunden Wachwechsel gemacht. Wir sind ja nur zu zweit, da klingelt oft der Wecker. An 3 von den 5 Tagen hatten wir außerdem richtig Wellen. Alles schaukelt massiv und man kann nicht wirklich schlafen, wenn es einen hochwirft im Bett, weil so ein fieser Querläufer das Boot umlegt. Und ich habe neue beste Kumpels an Bord gefunden. Skiunterwäsche, Schlafsack und Wärmflasche.

Und das faszinierende? Alles beherrschend ist immer das Boot. Du kannst nicht bestimmen, wie es läuft und was passiert. Du musst einfach reagieren und mitmachen. Keine Wahl. Das Meer ist viel stärker. Die Nächte haben eine ganz andere Stimmung als an Land. Wenn der Mond untergegangen ist, ist alles pechschwarz. So finster, dass es unheimlich wird. Und wenn es wolkenlos ist, gibt es den schönsten Sternenhimmel überhaupt.

Eigentlich hat alles super geklappt. Wir hatten keine brenzlige Situation, die Wetter- und Seevorhersagen von Wetterwelt sind eins zu eins eingetroffen und die Atlantikwellen machen einem keine Angst. Erst kommt die Wasserwand von hinten, dann geht es aaaauuuuuf, guter Ausblick vom Wellenberg, dann wieder aaaaaab. Dauert 12 Sekunden. Nächste Wasserwand.

Ist etwas schiefgegangen? Wir haben zwei Fehler gemacht. Erstens: Wir haben uns nicht richtig darauf vorbereitet, mit dem Wind fast direkt von hinten zu segeln. Ohne ausgebaumte Genua ist das eigentlich nicht möglich. Das hat uns schon geärgert. (Kleiner Einschub, mittlerweile haben wir uns natürlich mit der Konstruktion unserer Passatwindbesegelung beschäftigt und können unsere Whiskerpoles montieren.) Zweitens: Als wir in die Nähe von Lanzarote gekommen sind, haben wir die Lust verloren, noch einen Tag länger bis Las Palmas zu segeln und sind nach Arrecife abgebogen – soweit ok. Aber ohne dem Wetterforecast zu glauben, der nämlich eine Winddrehung angesagt hatte. Innerhalb einer Stunde hatten wir 3m Wellen gegen uns, sind nicht mehr von der Stelle gekommen und haben einen halben Tag verloren, weil wir abdrehen und nach La Graciosa mussten. Ein dämlicher Anfängerfehler, aber La Graciosa war super chillig. Ist also auch nochmal gut ausgegangen.

Mal sehen, was unsere Generalprobe gebracht hat, wenn wir die 3 Wochen Transatlantik angehen. Freue mich schon drauf.