Seit wir Europa im Januar verlassen haben, waren wir in keiner größeren Stadt. Und jetzt Santa Marta. Nicht riesig, aber mit einer halben Million Einwohnern fühlt es sich schon urban an. I like!

Santa Marta liegt an der Karibikküste von Kolumbien und ist eine alte Kolonialstadt aus dem 16. Jahrhundert. Das Bild ist aber eher von chaotischer „Lückenfüller Bebauung“ und neuen Hochhäusern geprägt, als von imposanten kolonialen Gebäuden und Befestigungen. Im kleinen Altstadtkern gibt es viele individuell renovierte Häuser und genug noch nicht hergerichtete Schätze. Überall wird Streetfood verkauft. Früchte, selbstgemachtes Milcheis aus der Plastiktüte, Smoothies, Empanadas, Bocadillas, Ceviche, Pizza aus dem Handkarren-Ofen und Abends machen rollende Restaurants auf und stellen ihre Plastikstühle auf die Straße. Wir sind mittlerweile recht mutig und essen alles auf der Straße. Unser Favorit ist die Ceviche.

Als ich vor 20 Jahren das erste Mal in Kolumbien war, klang eine Reise hierher noch wie ein echtes Abenteuer. Das Land war im Bürgerkrieg und in viele Regionen konnte man nicht reisen. Kolumbien hat sich sehr verändert. Der Friedensprozess ist bisher erfolgreich und die Aufbruchstimmung im Land ist gewaltig. Reisen in Kolumbien ist immer noch aufregend, fühlt sich aber sicher an. Und die Leute sind unglaublich nett und offen. Tourismus ist eine Wachstumsbranche in Kolumbien und überall rollen die Backpacker ihre Apple Gerätschaften aus. Aber alles ist noch herrlich improvisiert. Und Santa Marta ist sein Problem mit der Kanalisation seit 20 Jahren auch noch nicht angegangen. Ein starker Regenguß und die Straßen sind für die nächsten 3 Stunden unpassierbar, kniehoch unter Wasser.

Manchmal zucke ich schon im kolumbianischen Alltagschaos und die Deutsche kommt durch. Im Supermarkt, im Handyshop, in dem auf 30qm Verkaufsfläche 30 Verkäufer kommen, im Restaurant, im Marinaoffice.  Dann möchte ich gerne erklären, wie man es richtig und zügig machen könnte. Ist zügig richtig? Ich übe lieber, so langsam zu laufen wie ich kann, ohne um zu fallen und dabei über das ganze Gesicht zu strahlen. Das kann ich noch nicht so gut.

Es gibt nach wie vor Militärposten und Straßenkontrollen. Die bis an die Zähne bewaffneten Polizisten im Straßenbild schüchtern mich ein, auch wenn sie höflich und zurückhaltend sind. Und so nett, wie sie tut, ist die Polizei in Kolumbien nicht. Wir bekommen es auch zu spüren. Wir waren mit dem Leihwagen im Hinterland, irgendwo am Rand der Sierra Nevada, schon auf dem Heimweg, noch zwei Stunden Fahrt. Von hinten ist uns ein Motorrad auf das Auto aufgefahren. Der Junge hat mit seinem Kumpel gequatscht, statt auf die Straße zu schauen und ist mit Vollbremsung auf unsere Stoßstange geschlittert. Gottseidank ist ihm nichts passiert. Aber die Aufregung war groß und wir innerhalb von Sekunden umringt von 30 Personen aus dem Dorf und 4 Militärs mit schweren Maschinenpistolen. Nichts wie raus aus dieser Situation! Wir hatten keine Schuld und wofür hat man eine Casco-Versicherung. Als wir gerade losgefahren waren, kam dann doch noch die Polizei angefahren, hat sich die Geschichte von den Militärs bestätigen lassen und freundlich getan. Um die nächste Ecke haben sie mir dann 80 Dollar abgeknöpft. „Wir müssen sonst das Auto immobilisieren, bis der Sachverhalt morgen protokolliert ist. Und es wird ja schon dunkel, zwei Ausländer hier alleine…aber sie können uns ja unterstützen…“. Ich habe dem korrupten Idioten die Kohle zugesteckt. „Freut mich, wenn ich den Behörden helfen kann.“ War übrigens das erste mal auf der Reise, dass wir abgezogen wurden.

Wir bleiben mehrere Wochen hier. Ich gehe in den Spanisch Kurs, wir reparieren am Boot und lassen uns durch das kolumbianische Leben treiben. Die Zeit geht wahnsinnig schnell vorbei. Wir treffen viele interessante andere Boote. Und ein super Auto. Den Opel Blitz von Chris und Benno. Ein altes Feuerwehrauto, mit dem die Beiden 8 Monate durch Südamerika gefahren sind. Freunde von Flo, der seit Curacao mit uns segelt und in Santa Marta umsteigt.

Kolumbien ist dieses Jahr unsere vorletzte Station und eine unserer Schönsten! In ein paar Tagen geht’s weiter Richtung Guatemala, 1.000 Seemeilen Offshore Passage.