Wir sind immer noch auf Lanzarote. Es ist ja nicht so, dass es mir hier nicht gefällt. Arrecife ist irgendwie cool mit seinem morbiden Charme. Wir schaffen unheimlich viel nötige Reparaturen am Boot, unsere Nachbarn am Bootsteg sind supernett und ich kann mittlerweile mehr Heimwerkerfachbegriffe auf Englisch und Spanisch, als das durchschnittliche OBI-Sortiment insgesamt hergibt. Aber mich hat das Marinafieber befallen und ich muss jetzt dringend hier raus!

Unser Ziel ist Martinique. Der Segelplan ganz klassisch: Wir fahren erst südwestlich bis 19° Nord /28° West und wollen dann westlich direkt auf Martinique zusteuern. Nach dem aktuellen Wetterforecast ist das die windstabilste Route. Generell segelt man die Atlantikroute nach Westen am besten zwischen 10° und 19° Nord im Passatwindgürtel. Der bringt einen mit relativ konstantem Wind aus Osten fast automatisch in die Karibik. Weiter südlich Richtung Äquator drohen Flauten und Gewitter und weiter nördlich Flauten oder Sturmtiefausläufer. Die Jahreszeit jetzt ist super, da keine tropischen Stürme aus Afrika hochziehen und bis Mai das Wetter relativ stabil bleibt.

So weit also alles geplant. Gelaufen ist es dann anders. Nach 3 Tagen zeigen unsere GRIB-Daten, dass wir in eine kleine Flaute segeln und wohl länger brauchen werden als gehofft. Und wenn wir schon länger brauchen, warum dann nicht gleich die Kap Verden anlaufen? Wir wissen eh nicht mehr, warum wir das ausgenommen hatten. Wir biegen nach Süden ab und am 13.2. machen wir nach knapp 1000 Seemeilen happy in Mindelo fest. Afrika!

Die 2. Atlantikpassage lief für mich einfacher als die erste Überfahrt. Ich war nicht wirklich seekrank – trotzdem gab es keine kulinarischen Hochgenüsse. Essen spielt sich immer im schwachwürzigen Reis- und Nudelbereich ohne viel Soße ab. Alle intensiven Gerüche sind unseren Mägen zu viel. Wir haben  uns jetzt auch nachts nur noch alle 4 Stunden mit der Wache abgewechselt und bei ruhigem Wetter kann man auch mal 20 Minuten in der Wache zwischendösen. (Jetzt bitte keine Kommentare zu guter Seemannschaft und so.) Nach ein paar Tagen hatten wir einen ganz guten Rhythmus gefunden. Trotzdem bleibt es natürlich anstrengend… Und es ist jeden Tag wärmer geworden. Die Wassertemperatur hat täglich 0,5 Grad zugelegt, von 19,5 in Lanzarote auf 23,5 offener Atlantik kurz vor Sao Vicente. Ich habe die Wärmflasche auf halber Strecke weggepackt.

Mit den Segeln hat diesmal alles gestimmt. Unsere Passatbesegelung steht spitze und Reffen usw. klappt alles bestens. (Ich werde dazu mal einen kleinen technischen Artikel schreiben. Ich habe ganz schön lange nach guten Infos gesucht und nur wenig gefunden. Zum Schluss habe ich mich durchgefragt, abgeschaut und die Leinenführung ausprobiert, bis es gepasst hat. Merci Fernando, Dave und Jeff.)

Und Amusement unterwegs? Natürlich einfach gucken. Das geht stundenlang. Tagsüber kann ich außen lesen, ohne dass mir schlecht wird. Im Dunkeln geht es nur liegend unten im Salon. Auch Lifeunterhaltung hatten wir täglich. 1-2 mal am Tag haben uns große Delphingruppen, immer mehr als 20 Tiere, für eine Stunde besucht und sind mit uns mitgeschwommen. Und dann: „Wal, da bläst er!“ Neben Harald kam ein richtiger Riese hoch. Ich habe leider nur noch sein Geblase gesehen. Aber das war schon sehr beeindruckend.

So kann es weitergehen!